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When the inventor Randall Peltzer buys a small furry animal in Chinatown, the shopkeeper gives him a few important rules to take home: never expose it to daylight, never get it wet, and never feed it after midnight. What Gizmo, the mogwai from the film “Gremlins,“ is good for is of no importance: his essence lies to a certain extent in the absence of any meaningful function, or rather, as it turns out, in his hidden, initially inactive abilities. As with his mechanical namesake, the “gizmo” as harmless high-tech gadget, the gremlin’s precise operating instructions are in extreme tension with his use. There is not much he can do, and he is easily broken.

A modern gizmo, that “thing,” “thinger,” “whatchamacallit” or “gadget” distinguished by not being made tangible even by its definition, follows the same strategy as the mogwai, the “dark spirit” in the movie. There is a socially integrated paranoia that fears the secret program, or uncanny transformative potential, hidden beneath the cute exterior. This suspicion applies to the objects of modern technology, infamous for hiding social codes in subroutines that can be neither deactivated nor configured. This suspicion has also long applied to media in general. It is in the essence of media to conceal their functions, whether as conscious deception or in consequence of their incalculable misappropriation. Media are never objective, least of all when, hybridizing apparatus and program (or form and information), they emphasize their objectivity. Their design is always an aesthetic diversionary tactic.

Moritz Hirsch’s gizmos simulate this strategy and its complex systems. Precisely because they present themselves at first as pure objects, one is tempted to ascribe to them a hidden intended impact, a purpose, a function. This effect is strengthened automatically, in the truest sense of the word, through their contextualization as a work of art. A work of art, after all, can rely on the dispositions of reception, in which it is impossible to accept the work as a pure “whatchamacallit.” At the same time, the demonstrative corporeality of the objects, their relatively anachronistic volume in the microelectronic age, play down their technical potency: to an extent these are apparatuses disguised as apparatuses. In contrast to most “gizmos,” however, their programming does not remain inaccessible.

The way in which the medial character of the objects is revealed is naturally a question of perspective. In “90 60 90,” Hirsch deals with questions of optical perception on an elementary level. In “Television,” he short-circuits observer and object, and thereby input and output in visual formattings. In “Monolight,” he demonstrates the self-generated power that can emerge simply from the structure of medial concepts or usurp them strategically. “Formatierung” (Formatting) conceptualizes forms of artistically and technologically conditioned obsolescence. Lastly, in “Standby,” Hirsch completely transforms the traces of memory inscribed in his materials through the formal restructuring and re-layering of one work into a new one.

The works on display puzzle us, each in its own way. They consciously seduce the viewer into reflecting on their hybrid being. Hirsch also achieves the confrontation with the questionable mode of action of his objects through strategically calculating the paradoxical nature of perception of such categories as surface and depth, camouflaging and overt placement. The suspicion that a hidden intended impact, a code that can be activated at any time, or even merely a structuring knowledge is obscured behind the objects’ demonstrative corporeality is both the subject of the works as well as the motor that drives their reception.

Through this doubled operation, Hirsch not only directs the gaze to the blind spots of all those “things” assembled out of medial, technological and social components. He also makes clear the constant unreliability of that gaze itself. Every attempt at penetration is based on a paranoid character. “Gizmos” are so irresistible because they are not only instruments of deception, but also artifacts of beauty.


Text: Harald Staun

Translation: Ben Letzler


Moritz Hirsch (born 1978) lives and works in Berlin.



Als der Erfinder Randall Peltzer in Chinatown ein kleines, pelziges Tier kauft, bekommt er vom Händler ein paar wichtige Regeln mit auf den Weg: Nie dem Sonnenlicht aussetzen, nicht nass werden lassen, nicht nach Mitternacht fressen lassen. Wozu Gizmo, der Mogwai aus dem Film „Gremlins“, gut ist, spielt keine Rolle: sein Wesen liegt gewissermaßen in der Abwesenheit einer sinnvollen Funktion, beziehungsweise, wie sich später zeigen wird, in seinen verborgenen, zunächst inaktiven Fähigkeiten. Wie bei seinem mechanischen Namensvetter, dem „Gizmo“ als harmloses High-Tech-Gadget, steht die präzise Gebrauchsanweisung des Gremlins im krassen Widerspruch zu seinem Nutzen: Er kann nicht viel und er geht leicht kaputt.

Ein modernes Gizmo, jenes bezeichnenderweise auch durch seine Definition nicht in den Griff zu bekommende „Ding“, „Dingens“, „Dingsbums“, „Gadget“, verfolgt dabei die gleiche Strategie wie der Mogwai, der „dunkle Geist“ aus dem Film: Hinter einer niedlichen Hülle verbirgt sich, so fürchtet zumindest eine gesellschaftlich integrierte Paranoia, ein heimliches Programm, oder besser: ein unheimliches transformatorisches Potential. Längst gilt dieser Verdacht nicht nur für die Objekte moderner Technik, die notorisch soziale Codes in ihren Subroutinen verstecken, und zwar solche, die sich weder deaktivieren noch konfigurieren lassen. Er gilt auch für Medien im allgemeinen: Es gehört zu ihrem Wesen, dass sie ihre Funktionen verheimlichen, sei dies als bewusste Täuschung oder als Folge ihrer unkalkulierbaren Zweckentfremdung. Nie sind sie objektiv, und zwar, als Hybrid aus Apparat und Programm (oder aus Form und Information) am wenigsten dort, wo sie ihre Objekthaftigkeit betonen: Ihr Design ist immer ein ästhetisches Ablenkungsmanöver.

Moritz Hirschs Gizmos simulieren diese Strategie und deren komplexe Systematik. Gerade weil sie sich zunächst als reine Objekte präsentieren, ist man versucht, ihnen eine verborgene Wirkungsabsicht, einen Zweck, eine Funktion zu unterstellen. Verstärkt wird dieser Effekt im wahrsten Sinne automatisch durch die Kontextualisierung als Kunstwerk, weil er sich auf die Dispositionen der Rezeption verlassen kann, denen es unmöglich ist, ein Werk als reines „Dingsbums“ zu akzeptieren. Gleichzeitig verharmlost die demonstrative Körperlichkeit der Objekte, ihr im Zeitalter der Mikroelektronik vergleichsweise anachronistisches Volumen, ihre technische Potenz: es sind gewissermaßen Apparate, die sich als Apparate tarnen. Im Gegensatz zu den meisten „Gizmos“ aber bleibt ihre Programmatik nicht unzugänglich.

Auf welche Weise sich dabei der mediale Charakter der Objekte erschließt, ist naturgemäß eine Frage der Perspektive: In „90 60 90“ verhandelt Hirsch Fragen der optischen Wahrnehmung auf elementarer Ebene. In „Television“ schließt er Betrachter und Objekt und damit Input und Output visueller Formatierungen kurz. In „Monolight“ demonstriert er die eigendynamische Kraft, die allein von der Struktur medialer Konzepte ausgehen kann oder sich ihrer strategisch bemächtigt. „Formatierung“ konzeptualisiert Formen künstlicher oder technisch bedingter Obsoleszenz. In „Standby“ schließlich transformiert er die Erinnerungsspuren, die sich in sein Material eingeschrieben haben, komplett durch die formelle Restrukturierung und Um-Schichtung einer Arbeit in eine neue.

Auf jeweils unterschiedliche Weise irritieren die ausgestellten Arbeiten. Ganz bewusst verführen sie den Betrachter zur Reflexion über ihr hybrides Wesen. Die Konfrontation mit der fragwürdigen Wirkungsweise seiner Objekte gelingt Hirsch auch durch eine strategische Kalkulation mit der paradoxen Natur der Wahrnehmung von Kategorien wie Oberfläche und Tiefe, Tarnung und plakativer Setzung. Der Verdacht, dass sich hinter der demonstrativen Körperlichkeit der Objekte eine verborgene Wirkungsabsicht, ein jederzeit aktivierbarer Code oder auch nur ein strukturierendes Wissen verbirgt, ist Gegenstand der Arbeiten und zugleich Motor ihrer Rezeption.

Durch diese doppelte Operation lenkt Hirsch nicht einfach nur den Blick auf die blinden Stellen all jener „Dinge“, die gewissermaßen aus medialen, technischen und sozialen Komponenten zusammengebaut werden, sondern verdeutlicht gleichzeitig, wie unzuverlässig immer auch jener Blick selbst ist. In jedem Versuch der Durchdringung ist ein paranoider Charakter angelegt. „Gizmos“, das macht sie so unwiderstehlich, sind eben nicht ausschließlich Instrumente der Täuschung - sondern auch Artefakte der Schönheit.

Pressetext: Harald Staun


Moritz Hirsch (geb. 1978) lebt und arbeitet in Berlin.